1804 hatte Saerbeck insgesamt 1750 Einwohner. 408 Männer und ihre Familien lebten von Einkünften aus dem landwirtschaftlichen Bereich. Sie waren Bauern, Tagelöhner oder Heuerlinge. 174 Menschen übten einen qualifizierten Beruf wie Kaufmann, Schuster oder Weber aus, der aber auch nur zur Sicherung des Existenzminimums beitrug. Man war arm. Seit 1841 gab es in Saerbeck 6 Gemeinde-Verordnete, die aver nur aus den Reihen der Beisitzenden gewählt werden durften.
Diese Struktur hat sich am Ende des 19. Jahrhunderts kaum verändert. Man war immer noch arm – und konservativ, denn nur der galt etwas, der „viel Acker unterm Pflug“ hatte. Und auch die große Reichspolitik des Kanzlers Otto von Bismarck war konservativ: Man lebte schließlich in einem feudalistischen Industriestaat.
Da gab es keinen Platz für damals neuere sozialdemokratische Ideen. Die hatte nur die Industriearbeiterschaft, die aber in Saerbeck kaum existierte. Hier betrug 1994 die Zahl der krankenversicherten Arbeiter lediglich 74! Dementsprechend gab es hier auch keinen sozialdemokratischen Ortsverein. UNd im übrigen wurde die 1875 in Gotha gegründete SPD von Bismarck im Deutschen Reich bis 1890 sowieso verboten!
Tieferes demokratisches Verständnis wurde in Saerbeck auch nicht mit der Einführung der Demokratie in Deutschland erzeugt. Am 2. März famdem die ersten Wahlen zu einer Gemeindevertretung statt – ohne Parteien! Man wählte nach Listen, denen aber nur Personen zugeordnet waren. „Liste II“ bestand aus Vertretern der Landwirtschaft, „Liste I“ zeigte Personen mit verschiedenen Berufen, z.B. Gastwirt oder Polizeidiener. Das blieb so bis 1929. Sozialdemokraten spielten keine Rolle – galten sie doch gemeinhin als „Kaisermörder“. Denn am 9. November 1918 war der Kaiser zugunsten einer sozialdemokratischen Regierung unter Friedrich Ebert (Reichskanzler) und Philip Scheidemann (Reichspräsident) abgetreten. Am 19. Januar war die SPD mit 38% der Stimmen sogar stärkste Fraktion im Reichstag geworden, was für Saerbeck wohl keine Rolle spielte.
Bis 1933 ist festzustellen: In Saerbeck gab es keine Sozialdemokraten. Selbst bei Wahlen für den Reichstag und Landtag entflie auf die SPD höchstens ein Dutzend Stimmen! Und während der nationalsozialistischen Diktatur war die SPD sowieso wieder verboten – siehe Bismarck!
Das änderte sich allerdings nach 1945, als ehemalige Nazis wie Bernhard Middeler plötzlich ihre demokratische Gesinnung durch einen Beitritt zur FDP und später zur SPD beweisen wollten. Obwohl die britische Militärregierung als „Leitsatz auf dem Lande“ im Oktober 1945 die Zusammensetzung des Gemeinderates in dem Verhältnis Zentrum 4, CDU 4, SPD 2, FDP 3 festgelegt hatte, fielen bei der ersten Wahl am 15.7.1946 alle 12 zu vergebenden Sitze mit Unterstützung des Pastors von der Kanzel herab an die CDU!
Am April 1948 erreichte die SPD bei den Landtagswahlen immerhin 32% der Stimmen, bei den Gemeinderatswahlen im Herbst 1948 fielen auf die SPD 20,23% und damit zwei Ratssitze-
Also kann davon ausgegangen werden, dass die Gründung des SPD Ortsvereins Saerbeck spätestens im Herbst 1948 erfolgt war.
Bei Kommunalwahlen am 9.11.1952 erreichte die SPD drei Sitze (299 Stimmen), bei 10 Sitzen für die CDU (906 Stimmen) und hatte sich somit als kommunalpolitische Kraft etabliert. Zum Ende der 60er Jahre wurden wiederum drei Sitze für die SPD errungen (16,6%), am Anfang der 70ger Jahre erreichten die Sozialdemokraten dann sogar fünf Mandate (25,43%).
1975 hatte die SPD bei der Kommunalwahl 796 Stimmen und damit sogar acht Ratssitze, von denen vier direkt gegen CDU Kandidaten errungen wurden. Die Presse berichtete sogar von einem erdrutschartigen Sieg der Saerbecker SPD, obwohl die CDU fast 60% erhalten hatte. Mit den Wahlerfolgen zeigten auch die Sozialdemokraten zugleich eine größere kommunale Präsenz. Die Kommunalreform 1975 hatte zwar große Teile des ehemals traditionell SPD wählenden Klientels nach Emsdetten verfrachtet – die Siedlung Sinningen mit einem erheblichen Arbeiteranteil ais den Textilfabriken wählte nun in der Nachbarstadt – aber zum Ortsverein stießen jetzt viele Neubürger, sodass die Mitgliederzahl auf fast 60 stieg. Zahlreiche Bilder zeugen seit 1979 von Aktivitäten der Sozialdemokraten in Saerbeck.
Erst die 1985 neu gegründete UWG und auch die Grünen konnten immer mehr Wähler für sich gewinnen. Das ging vorwiegend auf Kosten der SPD, deren Sitze sich 1989 auf fünf reduzierte. Nach der Bundestagswahl 1998 mit dem anfänglichen Fehlstart der Regierung Schröder/ Lafontaine sank die Mandatszahl sogar auf zwei. Die Saerbecker Sozialdemokraten sind sich aber sicher, durch verstärkte Aktivitäten bei der nächsten Kommunalwahl wieder an Boden zu gewinnen.
Im Jahr 2020 hat es die Saerbecker SPD von 4 auf 5 Sitze geschafft. Lerne hier unseren aktuellen Gemeinderat kennen.